Als Auftragsarbeit für den Bürgersaal des neuerbauten Rathauses entstand 1960 die allegorische, in Triptychonform angelegte Figurenkomposition „Der Mensch in der Gemeinschaft“. Im Hauptbild strebt das Menschenpaar in arkadischer Idylle aufeinander zu, umgeben von Natur, Musik und Lebensfreude. Die Bereiche Arbeit und Industrie werden in der linken, Familie und Ernte in der rechten Seitentafel sinnbildhaft thematisiert. Das bühnenartig inszenierte Zentrum ist flankiert von Werkstatt und Privatsphäre, von Aktion und Ruhe. Zur symbolwirksamen Vermittlung der Vorstellung von Individuum, Gesellschaft und Politik folgte Becker der klassischen Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern und entwarf ein traditionelles Gesellschaftsmodell.
Das Monumentalbild gewinnt durch die kleinteilig zerlegte Bildstruktur und die intensiv leuchtenden Farbkontraste einen lebhaft-expressiven Ausdruck. Figuren und Einzelmotive sind eingewoben in ein bildteppichartig verdichtetes Muster, das dem Wandbild dekorative Wirkung verleiht. In Entsprechung zur Funktion des Raumes begegnet dem Betrachter ein festlich-feierlicher Stimmungsgehalt. Die bewusste Stilisierung des Sujets zeigt Beckers Streben nach einer allgemeingültigen, zeitlosen und repräsentativen Bildaussage.
Die kühne Formensprache verbindet Stilelemente der klassischen Moderne mit Einflüssen der informellen Malerei der 50er/60er Jahre, sucht eine Verbindung zwischen Tradition und Avantgarde, Vergangenheit und Gegenwart. Innerhalb des Gesamtschaffens des Künstlers darf das Singener Wandbild als herausragendes Hauptwerk und zugleich als Programmbild seiner Geisteshaltung und Kunstauffassung gelten.
Die Vorstudie des Werks befindet sich in der Sammlung des Kunstmuseums Singen.
Text und Redaktion: Kunstmuseum Singen
